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Ginkgo aus Samen

Waldemar J. Froehlich, HTMLVers. 1.4.4

1.0   Samen sammeln

Ginkgo-Samen wird nur an Stellen nah einem männlichen Ginkgo gesammelt. Ginkgo ist zweihäusig. Samen einzeln stehender weiblicher Bäume wird nicht keimen. Der Abstand zwischen einem weiblichen und männlichen Ginkgo sollte weniger als 100 m betragen.

Wie bei vielen anderen Gehölzsamen ist auch beim Ginkgo die Frische des Samens entscheidend für eine hohe Keimrate. Bei frischem Saatgut kann die Keimrate oft 80% betragen. Das ist aber nur möglich, wenn zwischen dem Sammel- und dem möglichen Keimzeitpunkt keine Fehler bei der Lagerung oder Aussaat gemacht werden.

 
 

In Abbildung 1 sind zwei reife Ginkgo-'Früchte' dargestellt. Der Samen ist von einer fleischigen Samenhülle umgeben, die am besten noch an der Sammelstelle vom Samen getrennt werden sollte. Noch haftende Reste der Hülle am Samen können später im warmen Wasser entfernt werden. Es sollte nur Samen vom Boden gesammelt werden, da die Befruchtung des Samens häufig erst nach dessen Fall stattfindet [2].

Eine einige Tage am Boden liegende Ginkgo-'Frucht' lässt sich gut von der weichen, fleischigen Hülle trennen. Der direkte Hautkontakt mit der Samenhülle sollte unbedingt vermieden werden, da einige darin enthaltene Stoffe allergieauslösend wirken können. Ausserdem riecht die Samenhülle stark und für die meisten auch sehr unangenehm nach Buttersäure.

 
Abb. 1
 
 

1.1   Stratifikation

Ist eine Stratifikation des Ginkgo-Samens notwendig?
In der Literatur gibt es zum Teil widersprüchliche Angaben zu dieser Frage. Von: "Stratifikation nicht notwendig" über "Warm- /Kaltstratifikation zu empfehlen" bis "Stratifikation notwendig" ist alles dabei, was zur Verwirrung in dieser Sache beitragen kann.

Eine Warm- /Kaltstratifikation könnte Sinn haben. Der Ginkgo-Embryo sei zum Sammelzeitpunkt noch nicht vollständig entwickelt und schliesse seine Entwicklung schneller bei höheren Temperaturen ab [3]. Erfahrungsberichte anderer bestätigen eine Keimung des frischen Ginkgo-Samens auch ohne Stratifikation. Bei trocken gelagertem Samen wird eine Stratifikation empfohlen.

Sehr gute Erfahrungen mit bis zu 80% Keimrate habe ich mit der Naturstratifikation direkt nach dem Sammeln gemacht. Der gesäuberte Ginkgo-Samen wird mit Sand vermischt und zusammen in Blumentöpfe aus Ton gefüllt. Das Wasserabzugsloch des Topfes sollte mit einem Netzgitter aus Plastik oder Metall abgedeckt sein. Anschliessend wird so viel gegossen, bis das Wasser aus dem Wasserabzugsloch fliesst. Das Mischverhältnis in Volumeneinheit beträgt ca. ¼ Samen und ¾ Sand. Die Blumentöpfe stehen ab Herbst bis zum Frühjahr draussen. Es muss immer darauf geachtet werden, dass der Sand nie austrocknet. Bei einer Temperatur unter 0° C wird nicht gegossen. Sehr wichtig ist ein Schutz des Samens gegen Nagetiere. Ginkgo-Samen gehört zum Leckerbissen der Eichhörnchen.

 
 
Abb. 2
 

In Abbildung 2 ist ein Stratifikationstopf zu sehen, dessen Inhalt mit Hilfe eines engmaschigen Drahtnetzes vor Nagetieren gesichert wird. Das Netz ist mit einem Draht am Topf befestigt.

 
 

Spätestens ab April wird wöchentlich kontrolliert, ob der Samen keimt. Der keimende Samen wird entnommen und ausgesät, der Rest bleibt bis zur nächsten Kontrolle im Topf. Es gibt Insekten, die in der Keimphase an den frischen Keimwurzeln knabbern. In diesem Fall sollte öfter kontrolliert und ein anderer Standort für die Töpfe gewählt werden.

1.2   Aussaat

1 cm tief in Aussaatschalen mit Wasserabzugslöchern. Der Samen sollte in der Schale 'liegen', wie in Abb. 3 links oben, und nicht mit dem spitzen Ende nach oben/unten weisen. Die Keimwurzel entspringt immer aus einem der spitzen Enden des Samens. Standort: draussen. Eine Plastik- oder Folienabdeckung schadet mehr als sie nützt. Das Substrat sollte sehr locker und einen hohen Sandanteil aufweisen. Die Sämlinge haben fleischige, sehr empfindliche Wurzeln, die beim Umpflanzen aus einem verdichtetem, schweren Substrat leicht abfallen würden. Ein Substrat mit einem hohen Sandanteil trocknet schneller aus! Vor allem an heissen Tagen im Sommer ist eine Kontrolle, je nach Standort, unter Umständen mehrmals täglich nötig. Gut bewährt hat sich eine Mischung aus ca. 60% Aussaaterde und 40% Sand. Nach 2-3 Wochen ab der Keimung kann regelmässig bis Anfang Oktober gedüngt werden. Ein Ginkgo gedeiht gut im Halbschatten aber noch besser in voller Sonne. Wenige Wochen alte Ginkgo-Sämlinge sollten im Hochsommer vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt werden.

1.3   Keimdauer frischer Ginkgo-Samen

Wird der im Herbst frisch gesammelte Ginkgo-Samen sofort einer Naturstratifikation unterzogen, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein grosser Teil des Samens bis zum Sommer nächsten Jahres keimt. Der Samen kann auch überliegen und erst im zweiten Frühjahr keimen.

 
 

Abbildung 3 zeigt einige Tage alte Ginkgo biloba Keimlinge. Die Keimung erfolgte im Stratifikationstopf Anfang Juni 2001. Beginn der Naturstratifikation: Anfang November 2000.

 
Abb. 3
 
 
 
Abb. 4
 

In Abbildung 4 sind Jungpflanzen der Anfang Juni 2001 gekeimten Ginkgo biloba Samen dargestellt. Das Foto entstand am 2001-11-14. Der höchste Baum in der Schale ist 16 cm hoch. Substrathöhe: < 3 cm. Es wachsen im ersten Jahr ca. 30 Bäume auf einer Fläche von 28 cm x 20 cm. Jedes Jahr im Frühjahr wird umgetopft (pikiert).

 

1.4   Winterschutz

Ein Ginkgo-Sämling aus einer Keimzeit bis Anfang Juni, kann auch draussen geschützt überwintern¹. Erprobt ist die erfolgreiche Überwinterung von 1-jährigen Ginkgo-Bäumchen draussen in ihren Aussaatschalen, zugeschüttet mit Buchenlaub unter einem Dach. Buchenlaub eignet sich dafür besonders gut, da es schlecht verrottet.

2.0   Samen kaufen

Der Kauf von Ginkgo-Samen ist Vertrauenssache. Ein guter Fachhändler sollte auf folgende Fragen eine Antwort geben können:

  • Erntezeit?   Alter des Samens
  • Aus welchem Land kommt der Samen?   Winterhärte
  • Wie wird der Samen gelagert?   trocken, abgepackt, kühl und feucht (Stratifikation)
  • Samen keimgeprüft?   theoretische Keimrate zum Prüfzeitpunkt? Garantie bei Totalausfall, Teilausfall

Bei Spezialanbietern gibt es manchmal Ginkgo-Keimlinge zu kaufen, Abbildung 3. Meist nur für ein paar Tage im Jahr.

3.0   Anmerkung

Sollten Sie Fehler entdecken, Verbesserungsvorschläge oder Fragen haben, würde ich mich über eine eMail von Ihnen freuen.



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[2] Eduard Strasburger u.a.: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen, 34. Aufl. 1998, Spektrum Akademischer Verlag
[3] Quellenangabe wird nachgereicht
¹Alle Klima-Angaben beziehen sich auf die Klimazone für Hagen(Westf.), Deutschland.



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Zuletzt aktualisiert: 2003-03-28 , 09:15 h