Re: Wurzelentwicklung Jungpflanzen Freilandkultur


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Gesendet von mintrax (62.104.210.78) _ 10:03:04 2003-04-22
Bezug auf: Wurzelentwicklung Jungpflanzen Freilandkultur, gesendet von Philipp Förster

Hallo Philipp,

eigentlich müssten Bilder vom Wurzelwachstum verschiedener Baumarten in Freiland- und Schalenkultur in jedem Bonsaibuch zu sehen sein. Allein aus der Betrachtung deiner Bilder müsste es jedem deutlich werden, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig um die Wurzeln der Bäume zu kümmern. In meiner langjährigen Bonsai-Erfahrung habe ich festgestellt, dass im Gegensatz zur Gestaltung der Baumteile ausserhalb des Substrats, allgemein keine Fortschritte bei der Pflege und Gestaltung von Baumwurzeln gemacht wurden. Viele wundern sich, warum ein Baum nicht richtig gedeiht und nach Jahren einfach stirbt. Wenn sie so viele grauenhafte Wurzeln auch von gut gestalteten, teuren Bäumen gesehen hätten wie ich, würde ihnen bestimmt ein Licht aufgehen.

Der grösste Fehler wird schon in den ersten Jahren eines Baumes gemacht. Ich kann den Spruch "...erst einmal den Baum für einige Jahre im Feld wachsen lassen" nicht mehr hören. Nach Jahren im Feld soll der Baum in eine Schale gepflanzt werden. Das geht aber nicht so einfach, da es nur wenige dicke Wurzeln gibt und die dickste fast so dick wie der Stamm ist. Das beste wäre, den Stamm in Substrathöhe zu kappen, aber das würde der Baum nicht überleben. Na gut, wenn nicht in eine Schale dann für ein paar Jahre in eine Holzkiste. Die Wurzeln werden irgendwo geschnitten, dass der Baum noch gerade in die Kiste passt. Einige Haarwurzeln waren auch noch zu sehen. Der Baum wirkt in den nächsten Jahren gesund und nimmt stark an Dicke zu. Nun soll der Baum doch in die Schale. Nach dem Ausgraben die Überraschung: Die wenigen dicken Wurzeln sind noch dicker geworden. An den Schnittstellen haben sich zwar viele neue Wurzeln gebildet, aber die dickste Wurzel kann wegen der neuen Wurzeln an der Schnittstelle nicht abgenommen werden. Passt doch! - zwar in eine viel zu grosse Schale, aber das ist erstmal egal. Beim nächsten Umtopfen sieht es noch schlimmer aus, es gibt zwar mehr feine Wurzeln, aber die meisten wieder an der Hauptwurzel. Die dicken Wurzeln füllen nach Jahren den grössten Teil der Schale aus - der Baum fängt an zu kränkeln.

Aber warum?
Dicke Wurzeln in der Schale tragen nicht direkt zur Versorgung des Baumes bei. Wasser und Nährstoffe werden zwar durch diese geleitet, aufgenommen werden sie aber nur durch neue frische Haarwurzeln. Einem Laubbaum mit sehr vielen Blättern in einer flachen Schale gepflanzt, die mit dicken Wurzeln ausgefüllt ist, kann es einfach nicht gut gehen. Vielleicht ein Grund, warum vielfach das Gerücht verbreitet wird, Bäume oder Jungpflanzen seien in der Schale nicht so widerstandsfähig wie die Pflanzen im Feld. Bei guter Pflege gibt es keinen Unterschied im Gesundheitszustand zwischen Pflanzen in Schalen und denen im Freiland. Allerdings ist der Pflegeaufwand von in Schalen kultivierten Pflanzen viel höher.

Ich hoffe, der kleine Beitrag zusammen mit den Fotos von Philipp helfen manch einem verstärkt auch auf die Wurzeln seiner Bäume zu achten. Die ersten Jahre eines Sämlings sind für die Wurzelentwicklung sehr wichtig. Man erspart sich Zeit und Ärger wenn rechtzeitig darauf geachtet wird.
Bis dann
Waldemar



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